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Freitag, 31.01.2003  -  London

Es fing alles super an. Wir brachten den ganzen Tag damit zu, unsere Sachen fertig zu packen und die Wohnung klarzumachen. Thomas kam superpünktlich und brachte uns zum Flughafen. Unser Flug stand dran, kurze Verabschiedung und ab zum Schalter. Beim Einchecken der Hinweis,dass die Maschine 20 Minuten später kommt, Wetterchaos in London. Okay, ab ins Bistro und ein bisschen für das leibliche Wohl gesorgt. Aus 20 Minuten wurde eine gute Stunde, dann hieß es endlich einsteigen. Mit 1 ¾ Stunden Verspätung ging’s los. BA tat alles, um es wieder gut zu machen, Service und Flieger waren einwandfrei.
In London kam das Gepäck so schnell wie nie, wir wussten gar nicht, wozu man die 1 ¼ Stunde Mindestumsteigezeit brauchen sollte. Wir tauschten ein bisschen Geld und gingen raus zum Taxistand. Draußen der totale Wintereinbruch, Schnee und Eis und wir mittendrin mit unseren Jäckchen und Turnschuhen.
Der Taxifahrer wollte doch glatt 12 Pfund !!! für die Tour zum Hotel. Also wieder rein und die Central Bus Station gesucht. Auf dem Weg bei der U-Bahn fragten wir einen netten Bobby nach dem Weg, alles klar,ein blauer Hotel Hopper Bus würde fahren. Leider fuhr der unser Hotel nicht an, statt dessen gab es die nächste Wegbeschreibung zur Busstation.
Die fanden wir auch, allerdings fuhren hier die Fernbusse. Wir umkreisten das Areal und fanden schließlich die Doppeldeckerbusse. Rein in den ersten Bus, leider falsch und wieder raus, aber dafür den Richtigen erfahren. Der fuhr auch prompt und so waren wir für 1 Pfund 40 um 23 Uhr endlich im Hotel. Jetzt schnell schlafen, kurz vor 6 Uhr würde schon wieder der Wecker klingeln.

Sonnabend, 01.02.2003  -  Flug nach Madras (Chennai)

Nach einer schlaflosen Nacht und einem misslungenen Frühstück (wir mussten auf einer Karte unsere Frühstückswünsche ankreuzen, aber irgendwas ging schief und wir bekamen nur Kaffee und Tee) fuhren wir mit dem Bus zum Flughafen. Wir waren super in der Zeit, kamen aber natürlich genau am falschen Ende an. Also mal wieder durchfragen und mit der U-Bahn ab zum Terminal 4. Dort angekommen, wussten wir dann auch, warum London eine Mindestumsteigezeit von 1 ¼ Stunde hatte. Das blanke Chaos, das Terminal platzte aus allen Nähten, die Schlange zu den BA-Schaltern führte fast durch das gesamte Terminal, etwa 100 m. Glücklicherweise fischte uns eine BA-Mitarbeiterin raus und führte uns zu einem leeren Schalter. Nach dem Einchecken die nächste, genauso lange Doppelschlange durch den Zoll. Die Planer, die sich so ein Nadelöhr ausgedacht haben, müsste man heute noch prügeln.
Endlich durch, kamen wir an Mc Donalds vorbei, wir setzten unsere letzten Pfund in 2 Gemüsemac um, das Frühstück der Champions, mit allem was der Körper am Morgen braucht. Unser Gate war das Letzte im Terminal, und so schafften wir es dann gerade eben in den Flieger. Da war BA wieder ganz vorn dabei. Gute Sitze, Klasse Service, jeder seinen eigenen Bildschirm und tatsächlich 12 Kanäle mit 7 verschiedenen Filmen und Wein satt. So kamen wir dann auch gut in Chennai an.

Sonntag, 02.02.2003  -  Madras, Mamallapuram

Der Flughafen war sehr übersichtlich und schwülwarm. So nach und nach fing die Hose an zu kleben und alles andere auch. Wir hielten uns bis kurz vor 4 Uhr in der Gepäckhalle auf (0.30 Uhr gelandet), bis ein weiß uniformierter junger Mann uns aufforderte zu gehen, da dies schließlich ein Flughafen und keine Wartehalle sei. Etwas überrascht von dieser unindischen Unfreundlichkeit, machten wir uns auf Bahnhofsuche. Das erwies sich als schwieriger als gedacht, es war dunkel und aus den Unmengen von sich aufdrängenden Taxifahrern war keine Information zu bekommen. Eigentlich verständlich, schließlich wollten sie uns ja fahren.
Der Bahnhof war glücklicherweise dicht dran und der Mann am Fahrkartenschalter verstand mich auch, so dass wir für äußerst erschwingliche 14 Rupies 2 Tickets nach Madras City erstanden. Als der Zug dann 20 Minuten später pünktlich einrollte, war klar, warum man so günstig reisen konnte. Die Waggons hatten keine Fenster und keine Türen und neben den 6 hölzernen Pritschen sorgten noch jede Menge Haltegriffe für maximalen Komfort.
Alles lief gut, wir haben sogar ein bisschen mit den Leuten geplauscht ( where do you come from?, whats your name?). Doch 3 Stationen vor unserem Ziel war dann plötzlich Schluss. Ein Mann kam rein und forderte alle Leute auf, den Zug zu verlassen, da dieser in Kürze wieder zurück fahren würde. Dies war scheinbar nicht normal, denn die Leute waren allesamt ziemlich überrascht, stiegen aber aus, wir also auch. Wir wurden aufgefordert, auf den nächsten Zug zu warten. Doch leider tat sich nichts, der Zug blieb stehen und aus die Maus. Also dachten wir uns, nachdem wir einen Blick auf unsere Madras- Karte geworfen hatten, dass wir das Stück zum Busbahnhof zu Fuß gehen könnten.
Es erwies sich als schwerwiegender Fehler, sich in einer indischen Grosstadt (6Mio.) auf seinen Orientierungssinn verlassen zu wollen, noch dazu im Dunkeln. Es gab keine Straßenschilder, die Leute verstanden einen kaum oder wussten selber nicht, wie die Strasse hieß, auf der sie sich befanden, geschweige denn, wo die Central Bus Station war und erzählten alle etwas anderes. Das Ende vom Lied war, dass wir ,als es hell war, zwar an einem Bahnhof angekommen waren, nur war es der Falsche. Eine Nachfrage am Auskunftsschalter ergab, dass wir unser Ziel um etwa 12 km verfehlt hatten. Da standen wir nun, mitten in Madras, ziemlich ausgepumpt und bedient. Wir wimmelten die doch etwas lästig werdenden Händler ab und hielten Kriegsrat. Wir kamen zu dem Entschluss, uns am besten mit einer Mopedrikscha zum Busbahnhof bringen lassen. Aus den uns schon wieder belagernden Fahrern wählten wir den mit den besten Englischkenntnissen und gingen zu seinem Gefährt. Er bot an, uns direkt nach Mamallapuram zu bringen, für 500 Rupies würden wir 1 ½ Stunden unterwegs sein. Er hatte einen guten Zeitpunkt erwischt, wir wollten einfach nur zum Hotel.
Knapp 2 Stunden und einige Herzstillstände später waren wir tatsächlich da. Inzwischen war es 9 Uhr und wir fast 24 Stunden unterwegs. Wir inspizierten unser Zimmer und drehten eine Runde durch den Ort um Wasser zu kaufen und E-Mails zu schreiben. Wieder im Hotel war der Akku endgültig leer. Schnell duschen und dann schlafen ...
Um 4 p.m. sind wir dann noch mal los, haben uns ein paar Sachen angesehen und uns ein echtes indisches Meal auf Bananenblatt und mit Fingern essen gegönnt. Es war sehr lecker, ging super schnell und war mit 56 Rupies äußerst preiswert. Wir wurden natürlich ausgiebig von allen Anwesenden beobachtet, das tat dem Genuss jedoch keinen Abbruch. Zumindest haben wir uns bemüht, mit unserer Essweise nicht aufzufallen und die Regeln zu beachten.

Montag, 03.02.2003  -  Mamallapuram

Wir standen um 8 Uhr auf und gönnten uns Frühstück im Hotel, Toastet Cheese war wirklich zu empfehlen. Danach ging es ausgiebig durch den Ort. Wir fanden die Post und das Tourist Office und erstanden Briefmarken, Postkarten und eine Karte von unserem derzeitigen Bundesstaat Tamil Nadu. Dann führte uns unsere Tour zu den Sehenswürdigkeiten von Mamallapuram.
Wir erkundeten gerade die Tempelfelsen, als uns ein junger Mann ansprach.



Das Arjuna Relief in Mamallapuram zählt zum Weltkulturerbe der UNESCO

Er war einer der zahlreichen hiesigen Steinmetze auf Kundensuche. Er lud uns in sein Haus ein, wir hatten Zeit, also gingen wir mit. Wir saßen gemütlich zusammen, tranken Tee und unterhielten uns über Gott und die Welt. Nebenbei zeigte er uns seine Steinschnitzereien, wirklich schöne Sachen, und erklärte uns die indische Götterwelt. Nach harten Verhandlungen kauften wir dann auch eine kleine Statue, Lakshmi, die Göttin des Geldes. Dank der Göttin mussten wir dann auch wieder Geld tauschen.
Gegen 6 p.m. stiegen wir wieder auf die Felsen um den Sonnenuntergang zu sehen. Leider war der Horizont bewölkt.



Krishnas Butterball war ein beliebter Treffpunkt

Dafür hatten wir ein kurzes Gespräch mit einem Trommelhändler aus dem Norden. Auf dem Rückweg kehrten wir noch in den örtlichen Tempel ein. Wir sahen uns um und als wir uns einem verschlossenen Schrein näherten, war plötzlich ein alter Mann dort, schloss auf und bat uns hinein. Er versah uns mit einem roten Punkt auf der Stirn, hielt uns ein glockenförmiges Gefäß auf den Kopf, murmelte etwas und drückte uns ein paar Blumen in die Hand. Nicht recht wissend was jetzt zu tun war, warteten wir kurz.
Dann kamen die Nächsten. Es waren Einheimische und bei ihnen war es die gleiche Prozedur. Als sie fertig waren, gingen wir einfach ihnen nach, um nichts falsch zu machen. Sie gingen im Uhrzeigersinn durch den Säulengang ringsherum, hielten an jedem Schrein kurz an und gingen wieder hinaus. Wir auch.
Danach ab ins Internetcafè, E-Mails schreiben. Dort war es leider nicht so entspannend, erst quatschte uns der Inhaber voll, wir sollten alles anders machen als wir es machten, dann kam ein deutscher Landsmann hinzu, der mit seinem AOL E-Mailkram nicht klar kam. Soviel zum Thema „ AOL – Das ist ja einfach “. Die E-Mail fiel entsprechend kurz aus.
Nun noch zum Busbahnhof und den Bus für den nächsten Tag erfragt. Der Blick auf die Busse und die Mitreisewilligen verhieß nichts Gutes, uns stand einiges bevor. Es würde sehr früh werden, also noch schnell ein paar Bananen für’s Frühstück gekauft. Und Bier für den Abend. Da es schon fast 9 p.m. war, ließen wir das Abendbrot ausfallen.



Immer was los am Busbahnhof, Rikscha- und Taxistand in Mamallapuram


Dienstag, 04.02.2003  -  Kanchipuram

Auf Grund der Tempelöffnungszeiten von 8 a.m.-12 a.m. und 4 p.m.- 8 p.m. entschieden wir uns für den ersten Bus um 5.20 Uhr nach Kanchipuram. Das hieß natürlich früh aufstehen, aber dafür wenig Verkehr.
Die Fahrt erwies sich trotzdem als ziemliche Tortur für das Sitzfleisch und sämtliche Sinne. Der Bus hatte keine Türen und Fenster und falls er schon mal Stossdämpfer sein eigen nannte, hatten die es schon lange hinter sich. Die Busfahrer könnten in der Formel 1 um Punkte fahren, wer bremst, ist feige. Die Hupe war neben dem Gaspedal das Wichtigste, sie könnte durchaus auf Daueran gestellt werden und war so laut, dass sie jedem Truck alle Ehre machte. Durch die Tatsache, dass der Bus ringsherum offen war, war sie drinnen lauter als draußen, das Motorengeräusch tat ein Übriges hinzu, so dass wir uns nach kurzer Zeit Zellstoff in die Ohren stopften, um unsere Nerven zu schonen. Hier Bus zu fahren ist für alle ’Nichtinder’ das wohl letzte grosse Abenteuer dieser Epoche.
Nach über 2 harten Stunden hatten wir dann Kanchipuram erreicht. Erst mal wieder alle Verkäufer und Taxifahrer abschütteln und den Fahrplan ausfindig machen. Das klappte recht gut, wir ließen uns dann mit einer Rikscha zu 3 von 100 Tempeln fahren. Besonders der 2. war sehr imposant, gewaltige Tore führten in ihn hinein.
Kaum waren wir drin, wurden wir von 2 Frauen energisch am Handgelenk gepackt und zu einem Shiva Relief geschleift. Dort stopfte sie Reis in meine Hand und forderte mich auf, ihn davor hinzulegen. Dabei brabbelte sie Beschwörungen und forderte mich auf, es ihr gleich zu tun. Der Vorgang wiederholte sich 3mal und nachdem wir Shiva nun genug geopfert hatten, wollte sie natürlich Geld. Ich hatte bloß 3 Rupies, das war natürlich zu wenig und so war es mit allen guten Wünschen vorbei. Ich sah mich um, Steffi war in der Zeit dasselbe widerfahren.

  Das Tor zum Tempel                     Steffi beobachtet die Pilger am             Hier fällt mal ein bisschen Licht in
    ist 57m hoch                                Wasserbecken im Tempelhof                die sonst düsteren Säulengänge

Drinnen war es genauso gewaltig. Im Hof befand sich ein großes Wasserbecken, in dem zahlreiche Pilger ihre Waschungen vornahmen. Wir gingen in die Halle der Säulen und tauchten in eine völlig fremde Welt ein. Alles war schummrig, endlos scheinende Säulengänge und enorme Deckenhöhen vermittelten ein sehr düsteres, aber beeindruckendes Bild. Ab und zu kamen wir an Schreinen mit Statuen vorbei, doch diese waren trotz einer Öllampe so dunkel, dass man beim besten Willen nichts erkennen konnte und auch nicht das Bedürfnis verspürte, dort wirklich hineinzugehen. Überall roch es nach altem Öl und die Statuen waren mit einer dicken, schwarzen, schmierigen Schicht überzogen. Im hinteren Teil des Innenhofes war ein Platz mit einem 3500 Jahre alten Mangobaum.
In dem nächsten Säulengang forderte uns ein Priester auf, zu ihm in den Schrein zu kommen. Dort mussten wir im Uhrzeigersinn um die Statuen der heiratenden Shiva & Parvati laufen, intensiv in den Spiegel schauen und hatten in nullkommanichts einen rot-weißen Punkt auf der Stirn.
Im inneren Schrein mit dem Allerheiligsten (Sanktum) angekommen, sprang ein dürres Männlein im Lendenschurz um uns herum und rief „Important, important !“ Natürlich ist das wichtig, dachten wir uns, drehten eine Runde und gingen wieder hinaus. Dort wären wir am liebsten im Erdboden versunken. Ein großes Schild auf dem zu lesen war: "An alle Fremden, dies ist der heilige Bereich dieses Tempels. Er ist den Hindus allein vorbehalten, bitte respektieren sie den Glauben und bleiben sie draußen." Oh Mann, und das passierte uns. Wir besuchten noch einen Tempel und suchten uns auf dem riesigen, chaotischen Busbahnhof einen Bus zurück.
Nach einem ausgiebigen Schläfchen kletterten wir noch mal auf die Felsen und hatten dann doch noch einen Sonnenuntergang. Wir genossen den Anblick und die Ruhe, als plötzlich übelstes Gezeter einsetzte. Die Sprache kannten wir doch ... Eine deutsche Touristin machte gerade einen Händler zur Schnecke, der sie scheinbar etwas zu lange belagert hatte. Einerseits konnte man sie ja irgendwo verstehen, andererseits sollte man hier damit umzugehen wissen, auch wenn es oft schwer fiel, ruhig zu bleiben. Es gilt hier als absoluter Gesichtsverlust, wenn man – besonders als Europäer – solche Ausraster bekommt. Der Händler zog grinsend von dannen und wir widmeten uns wieder dem Sonnenuntergang.
Zum Abschluss gingen wir im Hotelrestaurant essen, es genoß einen sehr guten Ruf und war ständig voll, nicht nur mit Hotelgästen. Steffi hatte ein Gericht aus dem Süden, ich aus dem Norden gewählt. Da wir hier im Süden waren, war meins nicht doll, es war wenig und angebrannt, aber vielleicht aßen es die Inder ja so. Nichts desto trotz ein schöner Ausklang. Jetzt noch Rucksäcke packen und dann schlafen, der frühe Bus wartete nicht.

Mittwoch, 05.02.2003  -  Tiruvannamalai




Bitte recht freundlich - junge Händler in Chengalpattu

Heute morgen erwischten wir einen wenig hupenden Fahrer. Bis zum Zwischenstopp in Chengalpattu nicht einmal gehupt. Hier war wieder kurze Pause, ich stieg aus und kaufte ein bisschen zu Essen.
Dann die Schrecksekunde. Der Motor wurde angelassen und der Bus fuhr los. Ich stürzte los und brüllte dem Fahrer zu „ Stop, i must go with you !!!“. Dieser lächelte entspannt, sagte „6 o’clock“ und machte den Motor aus. Ich sah auf die Uhr, 5 Minuten vor. Er war nur auf seinen Platz gefahren.
Mit einer Tüte voller Kuchen und Brötchen kam ich dann zurück, Steffi stand der Schreck auch noch ins Gesicht geschrieben. Ein paar junge Verkäufer kamen durch den Bus, sahen unsere Fotoapparate und baten uns, ein Foto von ihnen zu machen. Kein Problem, bitte recht freundlich und blitz. Kurz darauf tauchten sie wieder auf und lotsten mich nach draußen. Dort wartete schon eine Gruppe anderer Verkäufer, um sich fotografieren zu lassen. Auch hier wieder blitz und fertig. Dann fuhr der Bus glücklicherweise weiter, wer weiß, wen ich noch alles hätte knipsen sollen.
In Kanchipuram angekommen, hatten wir eine ¾ Stunde Zeit. So kam ich in das zweifelhafte Vergnügen meiner 1. indischen öffentlichen Toilettenerfahrung. Was soll ich sagen, Hosenbeine hochkrempeln, Augen auf, Nase zu, rein, schnell fertig werden, Klomann 2 Rs geben und wieder raus. Aber ich war meine Bauchschmerzen los.
Wir fragten uns zu unserem Busstand durch, der Bus war noch nicht da. Der Busbahnhof hier war sehr groß und völlig unübersichtlich. Es gab zwar Terminals, aber die interessierten keinen. Es wurde kreuz und quer geparkt, gehupt und dazwischen liefen Verkäufer, Rikschafahrer und Kühe herum. Da nicht alle Busse nummeriert waren, liefen wir von Fahrer zu Fahrer und fragten jeden, ob er nach Tiruvannamalai fahren würde.
Schließlich kam, laut hupend wie alle, die Nr. 438, unser Bus. Wir stürzten hinein und konnten auch einen Sitzplatz ergattern. Dann fing es plötzlich an zu qualmen. Wir sahen uns besorgt um, da kam ein Typ mit einem Rauchgefäß durch den Bus, der die Leute gegen einen kleinen Obulus einräucherte. Binnen kurzer Zeit war der Bus völlig verqualmt und wir rangen an den vergitterten Fenstern nach Luft. Die spinnen, die Inder.
Es wurde sehr voll, wir und unsere Rucksäcke haben doch arg gelitten. Nach der Hälfte der Fahrt fiel dem Fahrer ein, dass er ja auch ein Radio mit 2 alten Holzboxen hatte. Das spielte zwar nicht schön, aber schön laut.
Überhaupt war hier alles laut. Die Autos, die Menschen, die Musik, alles. Selbst bei einem Opa, der mit einem Handwagen voller Fähnchen Wahlkampf betrieb, waren die Lautsprecher größer als sein Hänger und von einer Lautstärke, dass einem selbst im Vorbeifahren die Ohren schmerzten.
Endlich in Tiruvannamalai angekommen, mussten wir feststellen, dass die Männer wirklich Schweine waren. Zumindest hier. Überall am Busbahnhof und später auch im Ort, sah man Kerle hinpinkeln. Es stank erbärmlich, und wir sahen zu, dass wir zum Bahnhof kamen. Dort die ernüchternde Nachricht. Unseren Zug gab es nicht mehr. Nun hieß es erst mal warten und abends in den nächsten Ort fahren, um dort in unseren Zug umzusteigen. Wir machten es uns auf den Bänken im Schatten des Bahnsteigdachs bequem , uns wurde auch der UPPERClass Waiting room + Toilette angeboten. Um halb 4 sind wir dann mit Sack & Pack zum Tempel gepilgert, am Bahnhof gab es keine Schließfächer.



Wenn der Gasmann 2x klingelt...Unkonventionelle Art der Gasflaschenbeförderung

Der Tempel war mal wieder beeindruckend, diesmal haben wir alles richtig gemacht. Ein Tempelpolizist bot uns an, auf das Gepäck aufzupassen, wir nahmen dankbar an.
Dann kamen wir zum Schrein des Shiva. Ein Priester kam auf uns zu, hieß uns willkommen und forderte uns auf, ihm zu folgen. Er lotste uns durch die Ticketkontrolle, an allen wartenden Gläubigen vorbei, direkt zur Figur, fragte nach unseren Namen und drehte mit der Öllampe eine Runde um die Statue. Wieder bekamen wir einen weißen Punkt (Tika) auf die Stirn, Steffi noch Blumen für ihr Haar und ich eine gewaltige Blumenkette um den Hals. Wir gaben ihm 30 Rs und gingen. Steffi legte ihre Blumen vor einen Schrein und ich hängte meine Kette einer Nandi - Figur um.
Als wir draußen ein freies Plätzchen gefunden hatten, um unsere Schuhe wieder anzuziehen, war in kurzer Zeit eine Menschentraube um uns herum und beobachtete uns interessiert. Ein paar Shadus fragten uns, ob wir in den Ashram wollten. Wir lehnten dankend ab. Dann kam die übliche Frage nach Geld für alle. Wir sagten ihnen, dass wir nicht so viel Geld hätten. Er lachte und meinte, wer so weit angereist kommt, hat genug Geld. Wir machten uns auf den Weg.
Der Zug nach Villupuram fuhr pünktlich ab. Er war etwas komfortabler als unser erster, mit jeweils vier gegenüberliegenden, hölzernen Sitzplätzen. Erst saß und später lag uns ein orange gekleideter Priester gegenüber. Auf halber Strecke kamen zwei ärmlich aussehende, dürre Männlein hinzu. Dem einen war sichtlich kalt und so fing er bald an zu wettern, dass die Fenster zu müssten. Der Priester jedoch war ein Frischluftfan, er hatte zu Beginn der Fahrt auch die Deckenventilatoren eingeschaltet. So entwickelte sich ein kurzes Streitgespräch, an dessen Ende der Priester ein Fenster schloss, das andere jedoch offen ließ und zu uns sagte „The air is bad, we wanna have fresh air“ und uns erwartungsvoll ansah. Wir nickten und sagten „Yeah“. Damit war das Thema durch und beide wickelten sich in ihre Tücher ein.
In Villupuram angekommen, der nächste Schock. Der Bahnhof war recht groß und wurde von sämtlichen Indern als öffentliches Klo benutzt. Wo man hinsah wurde mitten auf den Bahnsteig gepinkelt. Es stank zum Himmel. Wir fragten uns zu unserem Bahnsteig durch und schnappten uns eine Bank an einer halbwegs erträglichen Stelle, wir hatten 2 Stunden Aufenthalt.
Endlich fuhr ein Zug auf unserem Bahnsteig ein. Ich fragte 2 Passagiere, nein nicht unser Zug. So fuhren innerhalb von 5 Minuten 3 weitere Züge ein, ich flitzte von Bahnsteig zu Bahnsteig und fragte, ob das der Zug nach Thanjavur wäre. Immer Fehlanzeige. Man muss dazu sagen, dass auf den Bahnsteigen nicht angezeigt wird welcher Zug gerade einfährt & wohin er fährt. Also fragte ich auf Steffi’s Geheiß einen wichtig aussehenden Mann mit Schreibblock und Walkitalki und der meinte, wir müssten auf Bahnsteig 5. Wir waren auf 4. Also umziehen.

Donnerstag, 06.02.2003  -  Thanjavur

Kurz darauf fuhr tatsächlich unser Zug ein. Er bestand fast nur aus Schlafwagen und ’Ladies Only’-Waggons und die paar ’normalen’ Wagen waren brechend voll. Da wir keine Platzreservierung hatten (war in Tiruvannamalai nicht möglich), richteten wir uns bei den Türen ein, die Gänge waren auch schon belegt, im wahrsten Sinne des Wortes. Da es sehr dreckig war, tüteten wir unsere Rucksäcke ein. Dann musste der "Stern" dran glauben (leider noch ungelesen). Wir zerpflückten ihn und setzten uns drauf. Das war zwar nicht bequem, aber 5 Stunden stehen, zwischen 0 – 5 Uhr hält man schwer durch.
Als ob das alles noch nicht reichen würde, kam auf halber Strecke ein Vater mit Tochter, riß die Tür auf, hielt die Kleine am Schlafittchen und sie übergab sich. Das wiederholte sich kurz darauf noch mal, nur war dummerweise die Tür verschlossen. Es dauerte ein bisschen bis Papa die Tür auf hatte, das Mädel hielt nicht so lange durch und versuchte sich durch das geöffnete, aber vergitterte Fenster zu erleichtern. Dementsprechend sah es dann auch aus. Der Vorteil war, da es mitten auf dem Bahnsteig passierte, dass bei uns keiner mehr einstieg.
Das mag alles sehr amüsant klingen, uns aber war wirklich nicht nach lachen zumute. Wir hatten wirklich die Schnauze voll und fragten uns zum 1. Mal, was zum Geier wir eigentlich in diesem Land verloren hatten. 1 Stunde vor Ankunft waren dann auch Sitzplätze frei, ein Inder wies uns darauf hin, wir hatten das Nachsehen aufgegeben. Endlich in Thanjavur angekommen, aufatmen – der Bahnhof war sauber. Wir nahmen uns eine Rikscha zum Yagappa Hotel und checkten dort ein. Schnell duschen, Ohrstöpsel in die Ohren und schlafen.
Um 4 Uhr p.m. sahen wir uns noch ein bisschen um. Nach langem Suchen und vielen Fragen, haben wir dann das Tourist Office, die Post und ein paar Alkoholläden gefunden. Der Mann im T.O. war sehr nett und konnte uns wirklich weiterhelfen. Wir gingen noch weiter in die Altstadt. Da Steffi clevererweise Badelatschen angezogen hatte, waren ihre Füße wund und wir mussten mit einer Rikscha zurück fahren. Ich ging dann noch 2 Bier kaufen und wir widmeten uns dem Fernsehprogramm.

Freitag, 07.02.2003  -  Thanjavur

Wir brachen in Richtung Canara Bank auf, um Geld zu tauschen. Dank des Stadtplans aus dem Touristenbüro wussten wir, wo wir ungefähr hin mussten. Wir fanden sie schließlich auch. Es war noch etwas zu früh, also schlenderten wir weiter. Ein kurzes Stück weiter fanden wir ein kleines, aber sehr günstiges Internetcafe mit Namen Net Magic. Wir versorgten die Daheimgebliebenen mit aktuellen Nachrichten und gingen wieder zur Bank.
Das Wechseln erwies sich als sehr zeitaufwendig. Der Schalter war zwar frei, doch der gute Mann widmete sich erst mal seiner weiteren Arbeit. Schließlich verschwand jemand mit Pass und Scheck, 10 Minuten später tauchte er wieder auf. Danach verschwand unser Schaltermann. Wir beobachteten den Sicherheitsmann, der seine Runden drehte. Er trug eine doppelläufige Flinte, deren Läufe so dick waren, dass man bequem seinen Daumen hätte reinstecken können. Irgendwann war auch unser Mann wieder da und so langsam tat sich etwas. Insgesamt zog es sich eine Stunde hin, dann hatten wir endlich unser Geld.
Mit einer Rikscha fuhren wir zum Brihdareshvara Tempel. Es war ein alter, aber sehr gut erhaltener, schöner, großer Sandsteintempel.

                     Großer Andrang am Eingang                           Schattige güne Inseln luden zum Verweilen ein

Er war sehr gut besucht, aber durch die enorme Weitläufigkeit fiel es fast gar nicht auf. Dieser Tempel war anders, mit vielen grünen Plätzchen zum Verweilen. Wir gingen durch die Säulenhalle bis vor das Sanktum mit einem 3 ½ Meter hohen, reich geschmücktem Lingam. Es war das größte Indiens.
Draußen ließen wir uns im Schatten eines Baumes auf einem Stück Rasen nieder, um unsere Füße zu kühlen – das Pflaster war verdammt heiß – und genossen den Anblick und die Ruhe. In diesem Tempel sahen wir doch wirklich noch 4 andere Touristen. Wir dachten schon, wir wären die Einzigen hier. Steffi meinte neulich, es wären eh’ nur Bekloppte, die nach Indien fahren. Ich wusste nicht so recht, ob ich beleidigt sein müsste.
Da wir den Weg nun gut kannten, pilgerten wir um 4 Uhr nachmittags noch mal hin, des besseren Lichts für Fotos wegen. Unterwegs versuchten wir noch, eine Postkarte nach Deutschland abzuschicken, schade. In der Post wurden wir nach draußen zum Briefkasten geschickt. Dort hingen derer vier, 2 rote, 1 grüner, 1 blauer. Im Tourist Office wurde uns gesagt, wir sollten die Karte direkt in der Post abgeben. Hab ich ja versucht. Na ja, vielleicht in der nächsten Stadt.

Der Tempelturm des Brihdareshvara Tempels ist 66 m hoch und birgt das 3,5 m hohe Lingam. Bis heute streiten sich die Historiker wie die aus einem Stück gefertigte und 80 Tonnen schwere Kuppel aufgesetzt wurde. Ein Größenvergleich: Der helle Klecks auf der Treppe ist ein Mann.

Im Tempel war es richtig voll, aber wegen der enormen Weitläufigkeit ... Das Wetter war prächtig, blauer Himmel, orange Sonne, ein laues Lüftchen. Wir setzten uns auf eine der vielen Treppen. Es dauerte nicht lange und wir waren von Einheimischen umringt, die ein Foto mit uns machen wollten. Es war ein Platzgetausche, Händegeschüttel und Geknipse, wir waren die Stars. Das Ganze zog sich eine Weile hin, immer mehr kamen, fragten nach unserer Herkunft und ob wir ein Foto mit ihnen machen würden. Irgendwann hatten dann alle Fotos gemacht, wir suchten uns einen anderen Platz, um den Sonnenuntergang zu beobachten.
Dieser war sehr schön, doch es dauerte nicht lange und wir waren wieder die Stars. Die gleichen Leute brachten wieder andere Leute mit und ließen sich mit uns knipsen. „We are all friends“ sagte einer, während er sich neben uns niederließ. Alle hatten ihren Spaß, es wurde gelacht und ein bisschen Smalltalk betrieben. So nach und nach verabschiedeten sich alle und auch wir gingen unserer Wege.
Auf dem Heimweg versuchten wir noch in der Sandstraße anzurufen (Steffis Eltern), keiner da um 14 Uhr MEZ. Nun noch packen, schlafen und morgen per Zug nach Trichy (Tiruchirapalli).




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